Paradox: Provokation und Symptomverschreibung im Coaching. Das klingt erst einmal kompliziert? Provokation im Eltern-Schüler-Coaching – was soll das sein? Und warum „paradox aber hilfreich“?
Ich berichte heute einmal wieder aus meiner Arbeit im Lerncoaching in Dresden, Bannewitz und Umgebung. Diesmal erzähle ich davon, welche Methoden den sprichwörtlichen Spieß rumdrehen und auch zu Lernerfolg verhelfen. Konkret geht es um sogenannte paradoxe Interventionen. Ohje, schon wieder diese schwierigen Worte!
Was ist eine Intervention? Und was meint paradoxe Intervention?
Nun, unter Intervention versteht man in Beratung und Coaching schlicht die Methoden und „Tricks“, die man entweder in der psychologischen Ausbildung gelernt hat oder durch berufliche Erfahrung zusammengetragen hat. In der Regel handelt es sich einfach um unterschiedliche Kommunikationsstrategien.
Es ist gut, als Coach verschiedene solcher Kommunikationsstrategien parat zu haben. Erst ein schönes Methodenarsenal ermöglicht es dem Coach, sich auf die unterschiedlichen Klienten einzustellen. Findet man jeweils die individuell passende Methode, verhilft man den Beratungssuchenden zu ihrem Erfolg.
Gängige Methoden sind Fragen zu stellen, Klienten zu spiegeln, negative Ansichten positiv umzuformulieren usw. Solche Interventionen können auch als „klassisch“ bezeichnet werden. Sie helfen vor allem, wenn Klienten von sich aus sehr veränderungsbereit sind und sich auch schon recht gut reflektieren können.
Und dann gibt es paradoxe Interventionen. Diese stehen scheinbar mit den o.g., gängigen Methoden im Widerspruch. Zum Beispiel würde mit einer paradoxen Intervention eine negative Grundeinstellung befördert statt sie ins Positive umzuformulieren. In Stangl (2021)* liest man konkret:
„Durch die paradoxe Intervention soll eine festgefahrene Sichtweise erschüttert werden, um so eine Problemlösung möglich zu machen.“
Und ja, tatsächlich kann genau dieses widersprüchliche Vorgehen hilfreich sein. Denn es gibt Klienten, die einer gewollten Veränderung unbewusst enorme Widerstände entgegensetzen. Sie kommen dann mit noch so viel tollen Methoden einfach nicht weiter.
Was hat nun Provokation mit paradoxer Intervention zu tun? Inwiefern überträgt c.a.t. das in ihr Lerncoaching? Und wieso funktioniert das sogar beim Eltern-Schüler-Coaching?
Ja richtig. Ich will ja aus meiner Arbeit im Lerncoaching in Dresden, Bannewitz und Umgebung berichten. Lerncoaching sowie Eltern-Schüler-Coaching sind spezielle Formen des Coaching. Gerade bei der Arbeit mit Kindern und Heranwachsenden fragt man sich, ob ein „Methodenarsenal“ wie oben beschrieben einfach so angewendet werden kann. Und wenn es dann noch paradox bzw. widersprüchlich wird, ist das doch vielleicht eher verwirrend?
Achtung: ES IST MANCHMAL GUT, WENN ES VERWIRRT!
Verwirrung betrifft uns alle immer mal wieder im Leben. Verwirrung und Verwunderung macht auch vor Kindern und Jugendlichen nicht Halt. Wie in dem Literaturzitat oben geschrieben steht: Bestimmte Interventionen führen wohl in gewisser Weise zu einer Erschütterung. Und das kennt jeder – manchmal möchte man sich selbst oder einen bornierten Gegenüber, ja, schütteln. Das ist der Fall, wenn der „Karren im Dreck steckt“, alles versucht wurde oder der andere einfach nicht begreift „worum es eigentlich geht“.
Paradox: Provokation und Systemverschreibung im Coaching – Provokation und Symptomverschreibung sind also paradoxe Interventionen, die buchstäblich den Effekt des Schüttelns haben.
Symptomverschreibung? Was ist das denn jetzt noch?? Und wann kommt endlich die Fallgeschichte aus dem Eltern-Schüler-Coaching?!
Ich coache aktuell einen Schüler der 8. Klasse. Er geht auf ein Gymnasium in Dresden. Er wohnt mit seinen Eltern am Stadtrand, in der Nähe von Freital. Sowohl er als auch sein Eltern sind mit seinen Schulnoten, insbesondere in Mathematik nicht zufrieden. Zweimal haben seine Eltern und ich für ein Eltern-Schüler-Coaching zusammengesessen. Es war von Anfang an klar, dass es mit einem fachbezogenen Tutoring (Nachhilfe) in Mathematik nicht getan sein würde. Denn der Sohnemann optimiert seine Lebenszeit für seine Interessen. (Manche sagen dazu auch „Er ist faul in der Schule.“ oder „Er hat nur Fußball im Kopf.“ 😉 )
Die ersten zwei Sitzungen waren schon sehr hilfreich. Nicht nur die Einstellung zu Schule und Lernen haben sich bei dem Jungen verändert. Auch bei den Eltern entstand ein neues Verständnis für das eigene Kind und seine Lebenssituation.
Doch in der dritten Sitzung stellte ich fest, dass der Schüler tief in sich drin eine machtvolle Angst hat. Und zwar die Angst, Fehler zu machen. Diese Angst scheint ihn insbesondere bei Leistungskontrollen in einen lähmenden Zustand zu versetzen. Im Ergebnis hat er dann oft nur die Hälfte der Aufgaben richtig. Und das, obwohl Rechnen/Mathematik nachweislich nicht wirklich ein Problem für ihn ist.
Ich spürte recht schnell, dass dieser Angst nicht mit normalen Methoden beizukommen war. Vielmehr fühlte ich, dass sie im Familiensystem verankert ist. Sie ist also nicht das alleinige Problem des Schülers. Hier zeigt sich, wie sinnvoll es sein kann, mit Eltern und Schüler an einem Tisch zu sitzen für ein Coaching. Ich entschied mich für paradoxe Intervention, um „das System zu schütteln“!
Konkret betrieb ich eine Symptomverschreibung. Das heißt, der Junge bekam den Auftrag, bei Matheaufgaben, die er daheim bearbeitet, möglichst viele Fehler zu machen.
Ich blickte in äußerst erstaunte elterliche Gesichter! Und ich sah einen Jungen, dessen Züge sich augenblicklich entspannten. Er fing an zu lachen und zeigte eine große Freude. Man bekam den Eindruck, er wolle sich sofort mit Matheaufgaben beschäftigen, weil es ihm von nun an erlaubt war, daheim Fehler zu machen.
Demnächst werde ich berichten, wie es weitergegangen ist…
Und: Wie ist es mit der eigenen Fehlerfreundlichkeit?
Kontaktieren Sie mich unverbindlich, wenn Sie sich das genauer anschauen wollen oder für sich an einem Life-Coaching interessiert sind. Oder wenn Sie vermuten, dass Lerncoaching oder Eltern-Schüler-Coaching für Ihre Kinder bzw. Ihre Familie das Richtige sein könnte.
*Paradox: Provokation und Systemverschreibung im Coaching, verwendete Literatur:
- Stangl, W. (2021). Stichwort: ‚Paradoxe Intervention – Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/2919/paradoxe-intervention/ (2021-06-04) - Mangelsdorf, J. (2020). ‚Positive Psychologie im Coaching‘. essentials. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
- Frank Farrely, Jeff Brandsma: Provokative Therapie. Springer, Heidelberg, 1986